Neue Woche, neues Glück! Das dachten sich womöglich viele Starter der Princess Sofia Trophy (PST), die nur acht Tage zuvor am Mar Menor um die Europameisterschaft gekämpft hatten. Dass dann der erste Tag direkt die vermutlich schwierigsten und windigsten Bedingungen der letzten vier Jahre bringen sollte, hatte dabei niemand auf der Rechnung.

Mit 59 Männern und 34 Frauen war das Starterfeld gewohnt hochkarätig, auch wenn ein paar wichtige Gesichter, wie Connor Bainbridge (GBR) oder Lauriane Nolot (FRA) aufgrund der nur sehr kurzen Erholungszeit zwischen EM und Worldcup, fehlten. Spannend sollte es vor allem bei den Männern werden, da der ehemalige Weltmeister Toni Vodisek (SLO) nach langem Wintertraining in Australien nun auch wieder ins Renngeschehen eingreifen sollte.

Die Wettervorhersage für den ersten Wettkampftag sollte noch zusätzlich zum Spannungsaufbau vor den ersten Rennen am Montag beitragen. Wo es normalerweise der fehlende Wind ist, der den Athleten einen Strich durch die Rechnung macht, sollten die Fahrer zu einem beinahe zu stürmischen und welligen ersten Tag aufwachen. Und obwohl in den meisten anderen Segeldisziplinen sicherheitsbedingt keine Rennen gestartet wurden, hieß es für die Kiter gegen Mittag „AP-Down“ – das 20-Minuten Vorwarnsignal für den ersten Rennstart des Tages. Somit kämpften sich bei über zwei Meter hohen und extrem steilen Wellen alle Teilnehmenden durch 25 Knoten Wind zur Startlinie und durch die ersten Rennen.

„Es war so extrem, wie ich es noch in keinem Wettkampf zuvor erlebt habe!“, so Jannis Maus (GER).  „Nicht nur die Windstärke, sondern auch die chaotische Welle und die starken Windböen machten es so gut wie unmöglich Vollgas zu pushen.“

Nach drei Wettfahrten für die beiden Quali-Flotten der Männer und zwei Rennen der Frauen, musste die Wettfahrtleitung die Fahrer schließlich zurück an Land schicken. Windböen bis zu 35kt machten eine sichere Regatta unmöglich und ließen die Starkwindspezialisten Daniela Moroz (USA) und Bruno Lobo (BRA) auf den ersten Plätzen zurück.

Nach einem derart hektischen und sowohl körperlich als auch psychisch hartem Tag, sollte sich in den darauffolgenden Tagen die Bucht von Palma von seiner schönsten Seite präsentieren. Mit einer leichten, auflandigen Brise wurden die nächsten Rennen bei glamourösen Bedingungen zwischen 10 und 15 Knoten gestartet.

Hier konnte Maximilian Maeder (SGP) wieder einmal seine Klasse ausspielen und mit vier Rennsiegen aus fünf Rennen auf den ersten Platz vorziehen; dicht gefolgt von Riccardo Pianosi (ITA). Da in den ersten drei Tagen die Flotten zur Qualifikation in Gold- und Silberflotte noch auf zwei gleichstarke Gruppen aufgeteilt werden, konnte auch Pianosi vier Rennen gewinnen, nur aufgrund eines Sturzes im zweiten Rennen mit einem vierten Platz knapp hinter Maeder den Tag beenden. Bei den Damen, die mit 34 Starterinnen von Anfang an „Full Fleet“ fahren, waren es Breiana Whitehead (AUS), Daniela Moroz (USA) und Leonie Meyer (GER), die die Rennsiege unter sich aufteilten.

Am letzten Tag der Qualiserie waren es bei den Männern – bei weiterhin leichten Bedingungen für die großen Kites – Pianosi und Maeder, die um das gelbe Trikot des Führenden kämpften. Und tatsächlich war es am Ende des Tages der Italiener, der dem letztjährigen Sieger der PST die Führung abnehmen konnte. Bei den Damen kristallisierte sich nach mittlerweile zwölf gefahrenen Rennen heraus, dass Moroz Taktik, die vergangenen Europameisterschaften eher als Trainings- und Testveranstaltung zu nutzen, aufgeht. Die Amerikanerin fand zu immer mehr Geschwindigkeit und dominierte bis zum Finaltag weiterhin die Frauenflotte. 

Vodisek, der an den ersten drei Qualifikationstagen zwar solide Ergebnisse eingefahren, aber es bis zum ersten Goldfleet-Tag verpasst hatte, sich ganz vorne im Ranking zu platzieren, sollte nun zeigen, dass er auch weiterhin zu den schnellsten Fahrern der Flotte gehört. Mit zwei Rennsiegen in den ersten beiden Rennen schloss er auf die beiden Führenden auf und reduzierte den Punkteabstand. Mit vielen Startvariationen hielt aber auch der Rest der Flotte die Führenden auf Trab. Eine schwer einzuschätzende Seabreeze bevorteilte manchmal die rechte und manchmal die linke Kursseite, sodass taktische Variationen wie Port-Starts (Steuerboard-Bug-Starts ohne Vorfahrt) auf der Tagesordnung standen. Und auch der zweite Finaltag, brachte mit morgendlichem Nebel und starkem Südost-Gradient eine neue Komponente ins Renngeschehen. Ein Linksdreher auf der linken Kurshälfte, gepaart mit unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten machte es unglaublich schwierig, die schnellste und kürzeste Linie zur Luvtonne zu finden. Aber auch bei diesen Bedingungen sollten Maeder und Moroz die Nase vorne behalten. 

Der nun folgende Medal-Race Tag bedeutet für alle Fahrerinnen und Fahrer der Top 10 maximale Anspannung. Schließlich geht es darum, die Platzierung, die in 18 vorangegangenen Rennen erkämpft wurde, zu verteidigen und in nur 6-Minuten langen Rennen – falls möglich – noch zu verbessern. Ein Kopfkino von „Was-wäre-wenn“-Situationen, welches sich so lange dreht, bis das erste Startsignal ertönt. Und dieses Mal war es eine wirkliche Geduldsprobe für alle Athleten, denn der Wind wollte einfach nicht einsetzen. Als endlich faire Wettkampfbedingungen am untersten Windlimit von gerade einmal 6kt auf dem gesamten Medal-Race Kurs vorhanden waren, war es bereits zu spät, um sowohl Halbfinale als auch Finalrennen starten zu können. Die Wettfahrtleitung entschied, nur jeweils die besten vier Fahrerinnen und Fahrer in jeweils einem Finale gegeneinander starten zu lassen.

Im Männerfinale waren es somit Maeder, Pianosi, Vodisek und Denis Taradin (CYP), die um das Podium kämpfen würden. Mit zwei Punkten Vorsprung bedurfte es also nur noch einen einzigen Rennsieg Maximilian Maeders um den Wettkampf für sich zu entscheiden. In einer für „normale“ Rennen ungewöhnlichen Startvariante positionierten sich alle vier Finalisten auf Port, sodass es nur eine einzige Wende bis zur unglaublich wichtigen ersten Luvtonne war. Maeder setzte diese Wende perfekt, und ließ damit die anderen Fahrer auf der ersten Kreuz knapp hinter sich. Durch geschicktes Match-Racing konnte der 17-jährige Singapurer diese Führung bis ins Ziel halten und sich eine weitere Trophäe auf dem Weg zur ersten Olympiade im Kitesurfen sichern. Komplettiert wird das Podium hier von Riccardo Pianosi auf dem 2., sowie Denis Taradin auf dem 3. Platz.

Die Damen machten ihr Finale noch ein wenig spannender. Mit Whitehead (AUS), Moroz (USA), Meyer (GER) und Pescetto (ITA), waren vier Fahrerinnen aus gleich drei Kontinenten vertreten. Es starteten Moroz mit zwei Punkten und Whitehead mit einem Punkt in die Finalrennen. Moroz leichte Führung vor Whitehead wurde mit einem dominanten ersten Rennsieg von der Australierin aufgehoben, sodass das letzte Rennen des Tages den Punktegleichstand aufheben sollte. Und in diesem letzten Rennen sollte es einige Verwirrung geben, denn unglücklicherweise unterlief der Amerikanerin ein folgenschwerer Fehler. Mit einem Frühstart disqualifizierte sie sich für das Rennen und somit auch für den Gesamtsieg, sodass Breiana Whitehead lediglich das Rennen zu Ende fahren musste, um sich ihre Goldmedaille zu sichern.

„Ich wusste erst gar nicht, dass ich gewonnen hatte, bis mein Coach mich auf dem Wasser aufklärte!“, so Whitehead euphorisch kurz danach im Interview.

Und nicht nur das, Whitehead sollte am gleichen Tag direkt noch einmal überrascht werden, als bei der Siegerehrung klar wurde, dass sie nicht nur die beste Kite-Racerin des Worldcups war, sondern von allen zehn Segelklassen, die in Palma gestartet sind, auch die Siegerin mit den wenigsten Gesamtpunkten war. Damit wird ihr Name nach letztjährigem Maximilian Maeder nun auf der prestigeträchtigen Prinzess Sophia Trophäe eingraviert und verewigt. In der Kite-Wertung geht Silber an Daniela Moroz und Bronze an Leonie Meyer.

 

In nur wenigen Wochen steht nun die extrem wichtige Olympische Woche in Hyeres an, bei der die letzten fünf verfügbaren Olympia-Plätze vergeben werden. Es warten mit Sicherheit spannende Rennen auf alle Frauen und Männer.

 

Schreibende Hand written by Jannis Maus
Kamera
photos by Sailing Energy / Princesa Sofía Mallorca

 
 
Das FLYSURFER Team beglückwünscht alle Rider zu einem spannenden Rennen!
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