Wo Wellen und Wind die Landschaft prägen, da fühlt sich die 25-jährige, Künstlerin aus Österreich am wohlsten. Sie durchlebt in den vergangenen Jahren eine Wandlung von einer Vollzeitfotografin zur selbstständigen Künstlerin. Vor ihrem großen Schritt aus der Sicherheit einer Angestellten, hört Miriam in sich hinein, nimmt das Risiko auf sich und geht ins Ungewisse. Der Wunsch nach Unabhängigkeit und der Wille zur Selbstbereicherung zaubert ihr zwei Jahre später ein Lächeln ins Gesicht. Dabei könnte man denken, dass das Timing, um das Projekt deines Lebens zu starten nicht schlechter sein könnte als während einer Pandemie. Unser interessantes Gespräch taucht in die Gedanken einer verantwortungsbewussten, jungen Frau ein, die gewissenhaft Themen inszeniert und dem Motiv vor der Kamera, eine Stimme geben will.
Chris: “Hallo Miri, schön dich endlich wieder zu treffen. 😊 Du bist schon eine Weile in Südafrika und mir ist zu Ohren gekommen, dass du ein Praktikum bei einem Branchenkollegen machst. Es muss dir also gut gehen.”
Miriam: “Hallo Chris, mir geht es sehr gut, richtig angenommen. 😉 Ryan hat ein Praktikum ausgeschrieben und ich bin immer bereit dazuzulernen, meine Fähigkeiten zu verfeinern und mich mit Kollegen auszutauschen. Außerdem ist Südafrika zu dieser Zeit des Jahres einfach “the Place to be”, um neue Kontakte zu knüpfen und Projekte zu starten.”
Chris:“Absolut, ein paar Wochen hier und man erspart sich lange Reisen, etliche Telefonate und das Organisieren von Terminen. Ich finde es wirklich interessant, dass jemand mit deiner Erfahrung und Ausbildung, den Weg des Praktikums geht. Kommt es daher, dass du noch wenig Erfahrung im Filmen gesammelt hast?”

Miriam: “Ich habe vor sieben Jahren mit der Fotografie begonnen, viel auf Hawaii und in den Schweizer Bergen gelebt und nebenbei gejobbt. Mir wurde jedoch schnell bewusst, dass für mich das Jobben, Zeitverschwendung ist da es mich nicht bereichert. Eine Neuorientierung musste passieren, also habe ich gekündigt, mich von Davos; Schweiz in den Zug nach Wien gesetzt und mich selbstständig gemacht. Diese Zeit hat mir vor allem eines Bewusst gemacht, dass meine Sprache, die der Kunst ist. In der Surfszene / Kitesurfszene bin ich im Moment hauptsächlich tätig. Im ersten Lockdown war ich allerdings mit Grafikdesign beschäftigt und habe viele Projekte gemacht. Die erste größere Produktion in der Sportfotografie fand hier (Südafrika) mit FLYSURFER statt. Danach ergab sich sehr viel von selbst.”

Chris: “In der aktuellen Zeit, einen lebensverändernden Schritt zu machen ist mutig, wirkt aber auch ein wenig unüberlegt. Bist du ein risikobereiter Mensch?”
Miriam:Die Entscheidung hat nichts mit Risiko zu tun. Manchmal muss man Dinge tun, die sich richtig anfühlen. Ich lebe mehr nach dem Motto; You don’t know, until you try. Ich urteile am liebsten aus Erfahrung und ja ins kalte Wasser springe ich auch gern 😉”
Chris: “Fair enough. Wie hast du dich in dieser Zeit organisiert? Reisen war sehr beschwerlich und du hattest etliche Aufträge im Ausland, wenn man deinen Social Media Account glauben darf.”
Miriam: “Dem darfst du glauben. 😉 Man muss es einfach durchziehen! Natürlich haben die Medien vermittelt das Reisen nicht möglich ist, aber meine Erfahrung ist, dass dem nicht so war.”
Chris: “Lass uns über deinen ersten Kurzfilm SENSATION mit Johanna-Catharina Edin sprechen. Dieser war auf der Sörffilm-Festival Tour zu sehen und ist nach deiner ersten großen Produktion entstanden. Die Quote “We think too much and feel too little.” Charlie Chaplin, regt am Anfang zum Nachdenke an. Die fortlaufenden Minuten zeigen eine emotionale Athletin, zwischen Frustration und Glücksgefühl. Was thematisierst du gemeinsam mit Catta in der Hauptrolle?”

Miriam: “Ich habe schon länger, neben der Fotografie, kleine Edits gemacht und wollte stärker in Richtung Film gehen. Wusste nicht genau wo und wie ich das Projekt angehen sollte. Catta und ich haben ein gutes Gespräch geführt, wo es hauptsächlich um die Tatsache ging, dass Frauen in der Surfszene selten nur als Athlet dargestellt werden, wobei der Fokus oft woanders hinfällt. Ich wollte sie in ihrem Element zeigen, ohne den Körper oder das Frausein zu thematisieren, einfach eine Person, die trainiert. Es ist hart Topleistung, täglich abzurufen. SENSATION zeigt Catta fokussiert und engagiert, träumerisch und nachdenklich. Der Film fängt mit Frustration an, zeigt sie, wie sie durch ihre Entschlossenheit etwas Positives generiert; Motivation.”

Chris: “Das Rohe, Unverfälschte in Kombination mit den natürlichen Geräuschen gefällt mir gut. Man wird, aber auch von der Person mitgenommen. Ein Zwinkern, ein Lächeln, man taucht ein, in Catta’s Welt. Ich fühle mit ihr, wenn sie Tricks nicht steht, die Wellen sie fressen. Man kann sich gut in die Situation hineinversetzten, wenn das Gefühl aufkommt, dass alles gegen einen läuft.”
Miriam: “Deshalb starte ich auch mit Frust und Hektik, wie sie ihre Tricks nicht steht und das Gefühl, Erfolg zu haben, verloren geht. Die Welt, in der wir leben ist meiner Meinung nach sehr kopfgesteuert und wir leben leider selten im Moment. Ihr war wichtig die Freude am Kiten wieder zu finden. Hier passiert der Übergang zum Fühlen. Wenn man im Moment ist und auf sein Gefühl hört, dann passieren die Dinge von selbst. Im Sport erfährt man das spielerisch.”
Chris: “Deshalb ist Bewegung auch so enorm wichtig für den Menschen. Kopf frei bekommen, einmal nicht geprüft zu werden, nichts zu leisten, über nichts nachzudenken. Wir besinnen uns immer weniger aufs Wesentliche, weil wir meist an unserer Arbeit gemessen werden. Interaktion mit Fremden, Momente mit Freunden genießen, andere Orte entdecken, sich in der Natur bewegen oder einfach Spaß haben. Arbeit bestimmt unser aller Leben, auch wenn meine, mir Spaß macht.”

Miriam: “Das stimmt, selbst wenn man sich die Arbeit aussucht und sie deine Leidenschaft ist, kann der Druck enorm sein. Ich hatte bei SENSATION zwar eine klare Vision, aber während des Schneidens habe ich immer wieder mit anderen Leuten gesprochen. Ich wollte wissen, ob die Botschaft ankommt, denn mir ist wichtig mit meiner Kunst, etwas zu bewirken. Wie es bei den Betrachtern ankommt, hat mich enorm gestresst. Ich war in meinen Gedanken gefangen, habe alles im Kopf zerpflückt und konnte das Projekt nicht abschließen. Nach vier Monaten durcharbeiten ging mir schlichtweg die Kreativität flöten.

Chris: “Hm… manchmal habe ich eine massive Schreibblockade, wo ich zu selbstkritisch an das Thema herangehe und mit nichts zufrieden bin. Dann muss ich loslassen und einen Raum bzw. Rahmen finden, in dem ich wieder kreativ sein kann. Meist gehe ich raus, auf einen Berg zum Skitouren oder mit dem Wing aufs Wasser. Bewegung hilft mir immer, wie bist du aus diesem Loch gekommen?

Miriam: “Mir hat eine Freundin geholfen, die Kunsttherapie studiert hat. Sie lernte mir, dass ich keinen Einfluss auf die Meinungen der Betrachter haben kann, sondern nur mir selbst mit meiner Interpretation gerecht werden muss. Catta hat mich ebenfalls bei der Lösung der Blockade unterstützt. Wir trafen uns Wochen nach Südafrika auf Fuerteventura wieder, wo ein Teil der Bilder für das Board entstanden. Die leblose Wüstenlandschaft spiegelte die Leere in meinem Kopf wider. Ich distanzierte mich von Social Media und machte einfach Snapshots während der Reise. Ich war in der Zeit bei Wind täglich am Wasser (Kiten) und habe mich von der Online-Welt distanziert. Wie du schon sagtest, bei Sport ist man im hier und jetzt und die Gedanken haben keinen Platz. Der Wendepunkt kam dann als wir auf die Suche nach der Oase gingen, wo ich auf diese Blume, welche am RADICAL abgebildet ist, fanden. Sie war so lebendig. Danach war ich wieder bereit das Projekt abzuschließen.”

Chris:“Welch eine Parallele zu SENSATION, du hast dich rausgenommen und warst plötzlich wieder im Moment, die Kreativität und Motivation wiederhergestellt.”

Miriam: “Ich war sogar in einer Art Trance. Es war ein unglaublich schöner und intensiver Prozess. Drei Wochen später war das Endprodukt fertig. Die Parallele ist absolut gegeben, wir haben beide etwas ähnliches durchlebt. Der Film kam schlussendlich sehr gut an. 😊 Habe im Anschluss lange gebraucht die Komplimente richtig einzuordnen. Zwei Wochen später klingelt Blue Tomato, weil sie den Film gesehen haben, bei mir für ein Projekt durch. Das hat mich enorm gepusht und mir einen Kick gegeben weiterhin meine Fähigkeiten zu nutzen, um anderen eine Stimme zu geben, oder eine Botschaft zu übermitteln.

 

Chris:Ein Prozess in den sich sicherlich viele hineinversetzen können. Aus meiner Erfahrung kann man immer an einer Herausforderung wachsen. Danke Miri für deine Zeit und den tiefen Einblick, wir freuen uns schon auf dein nächstes Werk.”

 

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